Praxisberatung für Ehrenamtliche
Ausgangspunkte
Die aktuellen Entwicklungen in der Flüchtlingsarbeit erfordern nach wie vor viel Energie, Flexibilität und Zuversicht, Ausdauer und Belastbarkeit. Gerade auch von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die sich mit großem Engagement für Geflüchtete einsetzen.
Wir erleben Begegnungen und Schicksale, die berühren. Die uns oft näher gehen, als wir erwartet haben. Wir können nicht einfach abschalten und zur Tagesordnung übergehen. Wir sind in konkrete, oft psychisch belastende Situationen involviert, für die wir noch keine „gesunde“ und zufriedenstellende Lösung entwickeln konnten.
Illustration Laia Domènech , "IN DER SCHLANGE DER TRÄUME", von Rita Sineira, Knesebeck Verlag
Wir bieten
Intervision und Klärungshilfe für ehrenamtlich engagierte Patinnen und Paten von Geflüchteten
Ihr Ziel - unser Ziel und unsere Ausgangspunkte:
Wie wir in unklaren, komplexen, konflikthaften und oft ambivalenten Situationen Rollenklarheit gewinnen, authentisch, handlungsfähig und trittsicher bleiben (können).
Unser Ansatz
kollegiale Beratung „aus der Praxis für die Praxis"
Wir bieten Ihnen einen sicheren Raum, um Ihre Erfahrungen und Fragen, Unsicherheiten und Zweifel mit uns auszutauschen. Wir wollen mit Ihnen unterschiedliche Perspektiven für Ihre Arbeit mit Geflüchteten ausleuchten, Verhaltensmöglichkeiten und Einstellungen reflektieren und ggf. verändern. Als Orientierungshilfen und Landkarten können dabei sein Fragen wie:
- Welche Erwartungen habe ich an mich und an andere?
- Was verändert sich in mir durch mein Engagement?
- Was hat sich bewährt, was bringe ich mit? Was möchte ich ggf. ändern?
- Wo und wie komme ich an meine physischen und psychischen Grenzen?
- Wo komme ich mit Traumata in Berührung, die mich überfordern?
- Welche Auswirkungen hat mein Engagement auf mein privates Umfeld?
Wir sind erfahrene Fachkräfte in der Beratungsarbeit mit Geflüchteten. Gemeinsam mit Ihnen klären wir, was für Sie passend ist.
In welcher Form (Gruppe oder Einzelgespräch), wann und wo
wir Sie beraten und unterstützen können.
Sprechen Sie uns an. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
thomas.sulzer@soulsupport.com.de | 0152 24331163
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Resilienz stärken, gesund bleiben !
Workshop -Wie wir durch Selbstfürsorge unsere eigene Resilienz stärken können.
Ausgangspunkte
Widerstandsfähigkeit, der Umgang mit Konflikten und psychischen Belastungen sind Eigenschaften und Fähigkeiten, die auch in der psychosozialen Arbeit mit Flüchtlingen stark gefordert sind. Eigenschaften, die mit dem Begriff Resilienz umschrieben werden
Unsere Fähigkeit, äußere und innere Irritationen, Frustrationen und Belastungen zu kompensieren oder zu ertragen, ohne dauerhaft in psychische und körperliche Krisen zu geraten.
Resilienz ist keine Eigenschaft, die uns Menschen angeboren ist. Aus der psychologischen Forschung wissen wir: Resilienz ist eine Disposition, die bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt ist und die aktiv angeregt, initiiert und entwickelt werden kann.
Wir können innere Widerstandskraft, Selbstvertrauen und Gelassenheit entwickeln, stärken und nachhaltig fördern. In der Beziehung zu uns selbst, im Kontakt mit anderen und in der aktiven Gestaltung der uns umgebenden Einflussfaktoren.
Hier knüpfen wir an. Wir bieten Ihnen ausreichend Zeit, außerhalb der Hektik des beruflichen Alltags bewusst innezuhalten. Energie auftanken, Impulse für die persönliche Weiterentwicklung aufnehmen, Gesundheit und Wohlbefinden stärken.
Methoden
Ein Workshop "aus der Praxis für die Praxis“ - wir integrieren unsere Erfahrungen mit praktischen Übungen und Methoden des systemischen Coachings, des Kommunikationstrainings, der humanistischen Psychologie und der Körperarbeit. Erkenntnisse der Burnout-Prophylaxe, der Neuropsychologie und der Stressforschung fließen mit ein.
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Ottawa Charta, 1986, World Health Organisation
immer noch aktuell
"Gesundheit wird von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben. Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und für andere sorgt, dass man in die Lage versetzt ist, selber Entscheidungen zu fällen und eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände auszuüben sowie dadurch, dass die Gesellschaft, in der man lebt, Bedingungen herstellt, die allen ihren Bürgern Gesundheit ermöglichen".
Pressemitteilung
Zum 26.06. – Internationaler Tag zur Unterstützung von Folterüberlebenden
Neue Patient:innenzahlen des Zentrum ÜBERLEBEN Berlin deuten auf mehr chronifizierte Krankheitsbilder bei traumatisierten Geflüchteten hin
PSZ brauchen dringend finanzielle Unterstützung, um steigendem Bedarf gerecht werden zu können
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COMMUNITY CARE | GEMEINDEPSYCHIATRIE
Interview Deutsches Ärzteblatt (03/2019)
INTERVIEW mit Dr. med. Dr. P. H. Stefan Weinmann, Psychiater und Psychotherapeut.
Stefan Weinmann ist Oberarzt im Vivantes Klinikum am Urban in Berlin und Autor des Buches „Die Vermessung der Psychiatrie. Täuschung und Selbsttäuschung eines Fachgebiets“ im Psychiatrie Verlag.
"Psychotherapeuten müssen raus aus ihren Therapiezimmern"
Das psychiatrische Hilfesystem unterliege massiven Selbsttäuschungen, sagt Dr.med. Stefan Weinmann, Psychiater und Psychotherapeut. Insbesondere die Annahme, psychische Erkrankungen seien Folge neurobiologischer Fehlfunktionen, habe sich als falsch erwiesen. Aber auch im Arbeitsfeld der Psychotherapie sieht er Schwächen.
Auszüge aus dem Interview :
Welche Selbsttäuschungen sehen Sie im Bereich der psychotherapeutischen Arbeit innerhalb und außerhalb der Psychiatrie?
Stefan Weinmann: Ich bin ein großer Verfechter der Psychotherapie gerade auch bei schweren psychischen Erkrankungen. Ich halte aber die zu enge Orientierung an den jeweiligen Konzepten der einzelnen Schulen für wenig zielführend.
Künstler Ennico Puddu - mit freundlicher Genehmigung K. Clausen
Viel wichtiger als die angenommenen „spezifischen“ Wirkungen ist die therapeutische Beziehung. In der Psychotherapie muss es darum gehen, gemeinsam mit dem Patienten ein Narrativ zu entwickeln, das ihn selbst in seinem Leben wieder stärkt. Dafür halte ich die Beziehungsgestaltung für sehr viel bedeutsamer als alle vermeintlich spezifischen Faktoren.
Außerdem ist die strenge dyadische Form der Psychotherapie nicht für alle schwer erkrankten Menschen sinnvoll, hier ist dringend eine Ausweitung in die breitere psychosoziale Arbeit nötig. Diese Personen brauchen ihr soziales Umfeld wie die Familie oder andere Bezugspersonen stärker als andere Menschen.
Wir wissen doch, dass soziale Einflüsse parallel zur therapeutischen Zweierbeziehung eine enorme Bedeutung haben, aber wir arbeiten zu wenig aktiv damit.
Nun muss sich gerade die psychiatrische Arbeit immer wieder Kritik aus den Reihen der Psychotherapeuten gefallen lassen, weil bestimmte therapeutische Errungenschaften ignoriert würden.
Weinmann: Ja, das ist so. Wir haben in der Psychiatrie noch einen viel zu starken institutionszentrierten Blick. Die Art und Weise, wie wir in Deutschland Psychiatrie betreiben, beruht häufig noch auf veralteten Paradigmen. Hier sind aber dennoch die Bemühungen vorangekommen, wenn man etwa die Entwicklung der Psychosenpsychotherapie sieht.
Bei psychotischen Personen gelingt Psychotherapie besser, wenn wir das Umfeld der Patienten einbeziehen. Psychotherapeuten müssen raus aus ihren Therapiezimmern, egal ob sie im stationären oder niedergelassenen Setting arbeiten.
Was leistet denn die stationäre Psychotherapie mit ihrer zeitlichen Begrenztheit überhaupt?
Weinmann: Das ist eingeschränkt, ganz klar. Wir können aber während eines Klinikaufenthalts Themen ansprechen, die später weitergeführt werden.
Wir können Perspektivwechsel einüben. Bei schweren Zwangs und Angsterkrankungen, Traumafolgestörungen oder Depressionen beispielsweise kann Psychotherapie auch in einer geeigneten Klinikumgebung einiges leisten.
Bei Psychosen, bei Persönlichkeits- und bei bipolaren Störungen können wir stationär nur Anstöße geben.
Die eigentlichen therapeutischen Prozesse müssen dann im sozialen Umfeld der Patienten stattfinden! (Hervorhebung SoulSupport)
Nun hakt es oft aber gerade bei diesen Übergängen von der Klinik in die ambulante Therapie.
Weinmann: Absolut. Die Kontexte sind einfach sehr verschieden: Die Institution mit ihren Rollenmodellen, Zwängen und ihrer Komm-Struktur ist genauso problematisch wie die Rundum-Versorgung.
Und was können die niedergelassenen Therapeuten ihrerseits tun, damit beide Systeme besser aufeinander abgestimmt sind?
Weinmann: Wir Kliniker wünschen uns schon lange eine höhere Bereitschaft, schwer psychisch Erkrankte ambulant zu behandeln.
Die Niedergelassenen müssen stärker Teil der gemeinde-psychiatrischen Versorgung werden. Viele Psychotherapeuten suchen sich ihre Patienten aber danach aus, wo sie sich einen therapeutischen Erfolg versprechen. Das ist verständlich, aber gerade diese Menschen brauchen viel Unterstützung.
Hier ist der Bedarf an Psychotherapie besonders hoch. Außerdem wäre insgesamt ein stärkerer Austausch beider Systeme im kommunalen Raum sehr wichtig.
Letztlich müsste dafür aber auch das Finanzierungssystem für die ambulante Arbeit verändert werden (!) (Unsere Hervorhebung)
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Was empfehlen Sie Psychotherapeuten, wenn diese merken, dass der parallel behandelnde Medizinier mit einem rein biologischen
Krankheitskonzept agiert?
Weinmann: Keine Seite sollte erst einmal für sich in Anspruch nehmen, allein recht zu haben. Ohne einen Austausch und ohne Kommunikation geht dann nichts.
Beim einzelnen Patienten müssen wir auch nicht immer die eigenen theoretischen Hintergründe mitverhandeln oder ein stimmiges Krankheitsmodell erwarten.
Viel wichtiger ist, dass ein Verhandlungsprozess mit dem Patienten zusammen erfolgt, der seine eigenen Präferenzen einbringen muss. Psychische Erkrankungen sind multikausal, dem müssen wir Rechnung tragen.
Niemand sollte eine Deutungshoheit für sich beanspruchen, sondern alle sollten Bescheidenheit walten lassen".
Gesamtes Interview als PDF hier.
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Trauma Hilfe Zentrum München e. V. (THZM)
tel 0 89 41 32 79 50 info@thzm.de | www.thzm.de
Bezirk Oberbayern fördert Ausbau der Angebote des Trauma Hilfe Zentrums München für ganz Oberbayern.
Das Trauma Hilfe Zentrum München (THZM) unterstützt Menschen, die seelisch extrem belastende Situationen erlebt haben. Die Beratungsstelle betreut bisher überwiegend traumatisierte Menschen aus der Landeshauptstadt. Vom Bezirk Oberbayern erhielt das THZM jetzt den Auftrag, auch Betroffene, die außerhalb der Stadtgrenze München leben, zu beraten. Auch Mitarbeitende psychosozialer und sozialpsychiatrischer Einrichtungen soll das THZM kollegial und fachlich unterstützen.
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss des oberbayerischen Bezirkstags verdoppelte deshalb die Förderung des THZM ab 2019 auf 100.000 Euro. „Für den Bezirkstag sind gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land ein wichtiges Ziel“, sagte Bezirkstagspräsident Josef Mederer. Deshalb müsste es auch für traumatisierte Menschen, die nicht in der Landeshauptstadt lebten, spezialisierte Beratungsangebote geben. Mederer: „Das Zentrum ist ein fachlich äußerst sinnvolles und notwendiges Angebot, das die Arbeit der Sozialpsychiatrischen Dienste sehr gut ergänzt. Mit dem Auftrag, auch für das regionale Oberbayern Sprechstunden anzubieten, schließt sich endlich eine Versorgungslücke.“
Kooperation mit regionalen Therapeuten
Der Bezirkstag beauftragte das Zentrum zudem, Mitarbeitende Sozialpsychiatrischer Dienste und Psychosozialer Suchtberatungen für den Umgang mit traumatisierten Menschen kollegial zu beraten und sich entsprechend zu vernetzen.
Persönliche Beratungen von betroffenen Menschen sollen vorerst telefonisch erfolgen beziehungsweise durch die Zusammenarbeit mit regionalen Trauma-Therapeuten. Derzeit kommen nur rund 65 Prozent der Klienten und Klientinnen des THZM aus München, der Rest aus Oberbayern.
www.elternratgeber-fluechtlinge.de
Plakat zur Webseite in deutsch, englisch und ukrainisch
Plakat Elternratgeber Psychotherapie
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Deutsche Flüchtlingspolitik DGB-Chefin fordert Kehrtwende
DGB- Chefin Fahimi hat ein Umdenken in der deutschen Migrationspolitik gefordert. Flüchtlinge sollten schnell Anspruch auf Grundsicherung und direkten Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Der Fachkräftemangel würde dadurch aber nicht gelöst.
Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, hat eine grundsätzliche Kehrtwende in der deutschen Flüchtlingspolitik gefordert. Sie solle sich an den Regelungen für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine orientieren.
"Ich denke an den schnellen Anspruch auf Grundsicherung, aber vor allem auch den direkten Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Mir ist nicht wirklich erklärlich, warum wir dieses System der Unterscheidung zwischen Grundsicherung und Asylbewerberleistungen immer noch aufrechterhalten", erklärte sie.
Gesundheitliche Langzeitfolgen psychosozialer Belastungen in der Kindheit – ein Update
U. T. Egle · M. Franz · P. Joraschky · A. Lampe · I. Seiffge-Krenke · M. Cierpka
Zusammenfassung
Schlüsselwörter: Kindheitsbelastungsfaktoren · Entwicklungsneurobiologie, Stressverarbeitung Gesundheitliche Langzeitfolgen · Misshandlung
Dass körperliche Misshandlung und emotionale Vernachlässigung in der Kindheit lebenslang das Risiko für psychische und funktionelle Störungen erhöhen, ist seit längerer Zeit wissenschaftlich gut belegt.
Zusätzlich wurde in den letzten Jahren eine erhöhte Vulnerabilität für das Auftreten häufiger körperlicher Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Hepatitiden, Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), immunologische Erkrankungen und Schmerzerkrankungen, Pharynx- und Lungenkarzinom und darüber hinaus eine eingeschränkte Lebenserwartung gesichert.
Es wird ein Überblick über die diesbezügliche Studienlage sowie die neurobiologischen und entwicklungspsychologischen Mechanismen gegeben, welche diese Langzeitfolgen vermitteln. Ergebnisse zu familiären Risikokonstellationen zeigen Ansatzpunkte für eine gezielte Prävention, deren Wirksamkeit in Modellprojekten gut belegt ist.
Nur durch deren Etablierung dürften die enormen gesundheitsbezogenen wie volkswirtschaftlichen Folgekosten (Arbeitsunfähigkeitsgage, Frühberentungen) künftig begrenzt werden können.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016
Vollständiger Text als PDF demnächst hier.
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Von der Dualität des Alterns
Man kann erfolgreich altern oder leiden am Sein. Ob Psychotherapie helfen kann beim Altern, hängt von den Themen ab, die Ältere in ihrer letzten Lebensphase bewegen. Existenzielles wie Sinn, Freiheit, Isolation und Tod könnten den psychotherapeutischen Prozess bestimmen.
von Klaus Gürtler
Leseprobe …
„Psychotherapie ist ein von Vertrauen getragener Prozess, bei dem der Glaube an die Selbstwirksamkeit gestärkt wird. Gerade im Alter, wenn körperliche (und vielleicht auch geistige) Kräfte nachlassen, ist eine Einbuße an Selbstvertrauen oft der Anfang depressiver Entwicklungen.
Die Selbstwahrnehmung ist dann bestimmt durch Verlust-empfindungen: Nachlassen der körperlichen Kräfte, Bedeutungsverlust und Verlust an sozialer Einbettung.
Dem gilt es mit stärkenden Botschaften entgegenzuwirken. Auf dem Weg zum lebenswerten Alter(n) bedarf es Glück und gelegentlich auch Hilfen in Form von psychosozialer Beratung oder Psychotherapie.
Diese Angebote der Psychologie für ein „duales Altern“ sollten ausgebaut und verstärkt beworben werden. Ein entspannter Blick aufs Alter – vielleicht eine neue Kultur des Alter(n)s, bei der die Wertschätzung einer Lebensleistung im Vordergrund steht – braucht aber verschiedene Akteure, deren Wissen und Ideen.
Nur dann macht Altwerden weniger Angst.( Hervorhebung durch uns, SoulSupport e.V.)
Volltext in www.aerzteblatt.de/pp/lit0419
oder als PDF hier
Anschrift des Verfassers:
Dr. phil. Klaus Gürtler, Psychologischer Psychotherapeut, Am Singrün 3,93047 Regensburg, E-Mail: kl.guertler@t-online.de
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Berlin, 23.06.2022
Zum Internationalen Tag zur Unterstützung von Folterüberlebenden veröffentlicht das Zentrum ÜBERLEBEN die Patient:innenzahlen des vergangenen Jahres.
Dabei wird vor allem deutlich: Die Kapazitäten reichen für immer weniger Patient:innen, deren Behandlung dafür immer komplexer wird. Dieser Trend ist im Zentrum ÜBERLEBEN seit spätestens 2018 zu beobachten und verschärft die ohnehin prekäre Situation um die knappen Versorgungsangebote für traumatisierte Geflüchtete und Überlebende schwerer Kriegsgewalt.
weiterlesen ...
Im Jahr 2021 versorgten die Psychotraumatherapie in Sprachmittlung anbietenden klinischen Abteilungen [1] des Zentrums 428 Menschen, davon 212 weiblich und 215 männlich (bei einer Person keine Angabe). Auffällig ist, dass im letzten Jahr die Zahl der Afghan:innen wieder anstieg (81 Personen, zuvor 72), während es bei den Personen aus anderen häufigen Herkunftsländern wie Syrien, Iran, Irak oder der Türkei einen Rückgang gab. Die Zahl der durchschnittlichen Leistungen pro Patient:in ist mit 72,3 weiter gestiegen (2020: 60,1; 2019: 50,2). Die medizinischen, therapeutischen und sozialarbeiterischen Unterstützungsbedarfe sind damit so hoch wie nie.
„Wir können seit einiger Zeit, zum Beispiel in der ambulanten Abteilung für Erwachsene, beobachten, dass bei vielen unserer Patient:innen eine Akut- bzw. Kurzzeitbehandlung in den Jahren 2015 und 2016 zwar in der Krise Hilfe bot, aber nur übergangsweise stabilisiert hat, da keine weiteren Unterstützungsmaßnahmen angeboten werden konnten. Viele der damals mit kurzzeitigen Maßnahmen versorgten Menschen sind deshalb heute wieder bei uns. Bei diesen chronifizierten Krankheitsbildern ist die hochspezialisierte Expertise der PSZ unverzichtbar. Auch externe Fachkolleg:innen stoßen hier an ihre Grenzen. Eine engmaschige, multiprofessionelle Behandlung auf medizinischer, therapeutischer und sozialarbeiterischer Ebene ist unabdingbar und vom Regelsystem in dieser Form bisher nicht leistbar“, sagt Dr. Tanja Waiblinger, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, sowie Leiterin der Ambulanten Abteilung für Erwachsene im Zentrum ÜBERLEBEN.
Das bedeutet jedoch gleichzeitig, dass immer weniger Menschen im Zentrum ÜBERLEBEN Hilfe finden, da es weder personelle, noch räumliche oder finanzielle Reserven gibt, um die langwierigen Therapieverläufe kompensieren zu können. Wir fordern daher die politischen Entscheidungsträger:innen dringend dazu auf, die finanziellen Bedingungen für die psychosozialen Zentren in Deutschland in den kommenden Jahren zu verbessern, um die Menschen aufzufangen, die im Regelsystem keine Chance auf eine bedarfsgerechte Versorgung haben.
Gesetzentwurf zum Chancen - Aufenthaltsrecht
Berlin, 09. Juni 2022
Von der Duldung zum dauerhaften Aufenthalt: Es bleiben viele Fragen offen
Zentrum ÜBERLEBEN Berlin fürchtet zu hohe Zugangsvoraussetzungen für geduldete Menschen.
Das Zentrum ÜBERLEBEN begrüßt, dass die Bundesregierung nun die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Umwandlung der Kettenduldung in ein „Chancen-Aufenthaltsrecht“ angeht. Allerdings sind die aktuell bekanntgewordenen Maßnahmen nur begrenzt dazu geeignet, wirklich vielen Betroffenen eine Zukunftsperspektive zu geben.
„Das jahrelange Verharren in der Unsicherheit einer Duldung, die jederzeit in einer Abschiebung enden kann, ist für viele Geflüchtete, und vor allem für unsere Patient:innen und Klient:innen, eine große psychische Belastung. Zusätzlich zu dem ohnehin großen Bedarf an therapeutischen, medizinischen und sozialarbeiterischen Maßnahmen führen die andauernde Perspektivlosigkeit und das Fehlen stabiler Lebensverhältnisse häufig zu besonders chronifizierten und langwierigen Krankheitsverläufen. Insofern begrüßen wir grundsätzlich die nun gestartete Initiative des Bundesinnenministeriums und das Vorhaben, Menschen aus der andauernden Duldung heraus in einen dauerhaften Aufenthalt zu führen“, sagt Prof. Dr. Karin Weiss, Geschäftsführerin im Zentrum ÜBERLEBEN.
Ein großes Problem sind jedoch die Bedingungen, die in dem Gesetzesvorhaben genannt werden. Insbesondere die finanzielle Unabhängigkeit ist für die meisten geduldeten Menschen, und vor allem für unserer Patient:innen und Klient:innen, innerhalb eines Jahres kaum erbringbar, da sie mit dem Duldungsstatus häufig weder einen Sprachkurs noch eine Qualifizierungsmaßnahme besuchen können. Die Realität sieht vielmehr so aus, dass viele Menschen monate- und jahrelang in Gemeinschaftsunterkünften leben, in denen sie aus vielerlei Gründen von diesen Maßnahmen abgeschnitten sind. Das alles in einem Jahr aufzuholen und damit die Voraussetzungen für eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu erfüllen, ist kaum machbar. Dabei spielen psychosoziale Belastungen der Geflüchteten genauso eine Rolle wie die knappen Kapazitäten an Kursen für Menschen mit Duldung.
„Wir befürchten, dass am Ende nur sehr wenige Menschen von dieser Gesetzesänderung direkt profitieren würden. Für eine effektivere und wirkungsvollere Ausgestaltung des Chancen-Aufenthaltsrechts, z.B. durch zusätzliche Unterstützung während der einjährigen Frist, bleiben leider noch viele Frage offen“, sagt Prof. Dr. Weiss.
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Berlin, 14. Mai 2022: Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)
fordert heute anlässlich des 40. Deutschen Psychotherapeutentags in Stuttgart ein Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen...
Vollständiger Text... hier klicken
Bundespsychotherapeutenkammer-Sprachmittlung
AG zur Verbesserung der Versorgung traumatisierter Geflüchteter- POSITIONSPAPIER
Sprachmittlung für fremdsprachige Patient*innen mit psychischen Erkrankungen sicherstellen.
Eine gut funktionierende sprachliche Verständigung zwischen fremdsprachigen Patient*innen und ihren Behandelnden ist die notwendige Basis für eine angemessene Gesundheitsversorgung.Ohne diese ist keine fachgerechte Beratung, Diagnostik, Aufklärung und Behandlungmöglich. Die Regierungskoalition plant, dieses Problem zu lösen: „Sprachmittlung auch mit Hilfe digitaler Anwendungen wird im Kontext notwendiger medizinischer Behandlung Bestandteil des SGB V.“ (S. 84)
Abschiebung psychisch kranker Flüchtlinge soll erleichtert werden
BPtK zum „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“
Flüchtlingen soll es weiter schwerer gemacht werden, selbst bei schweren psychischen Erkrankungen den Schutz vor Abschiebungen zu bekommen, den sie benötigen. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) kritisiert deshalb scharf die weiteren Erleichterungen „zur besseren Durchsetzung der Ausreise“, die die Bundesregierung mit dem sogenannten „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ heute in den Bundestag einbringt.
„Schwer erkrankte Flüchtlinge dürfen nicht abgeschoben werden“, fordert BPtK-Präsident Munz. „Ob eine Depression, Psychose oder posttraumatische Belastungsstörung so schwerwiegend ist, dass ein Flüchtling nicht abgeschoben werden darf, können Psychotherapeuten selbstverständlich beurteilen. Es ist deshalb nicht nachzuvollziehen, warum Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nicht zu den Gutachtern gehören sollen, die überprüfen können, ob ein Flüchtling aus gesundheitlichen Gründen abgeschoben werden kann.“ Die BPtK fordert daher, Psychotherapeuten ausdrücklich zu Gutachten in aufenthaltsrechtlichen Verfahren zuzulassen.
Asylsuchende dürfen nicht abgeschoben werden, wenn eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung besteht, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde. Eine solche Gefahr für Leib und Leben können schwere psychische Erkrankungen sein, insbesondere Depressionen, Psychosen und posttraumatische Belastungsstörungen. Bei diesen Erkrankungen können Patienten in erheblichem Maße suizidgefährdet sein und benötigen dann eine unmittelbare Behandlung. Die „Stellungnahmen zur Feststellung psychischer Erkrankungen“, bei denen eine Abschiebung nicht möglich ist, werden bisher in der Regel von approbierten Psychotherapeuten verfasst. In Zukunft sollen nur noch Ärzte Stellungnahmen in aufenthaltsrechtlichen Verfahren abgeben dürfen. Dafür müssen sie keine Fachärzte für psychische Erkrankungen wie Psychiater oder Psychosomatiker, sondern können beispielsweise auch Orthopäden sein.
Bereits jetzt ist es für viele Flüchtlinge kaum möglich, die massiven gesundheitlichen Auswirkungen von Krieg, Folter und anderen Formen schwerer Gewalt im Asylverfahren geltend zu machen. „Statt psychisch kranke Flüchtlinge zu schützen und zu behandeln, werden ihnen mit dem Gesetz noch mehr Hürden in den Weg gelegt“, sagt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK. „Approbierte Psychotherapeuten von der Begutachtung psychischer Erkrankungen auszuschließen, kann nur einem Ziel dienen, nämlich psychisch kranken Flüchtlingen zu schaden.“
Gemeinsam mit der Bundespsychotherapeutenkammer hat die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF) eine umfassende Stellungnahme zu den geplanten Änderungen verfasst.
Downloads:
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PÄDAGOGISCH-PSYCHOLOGISCHE KRISEN- UNTERSTÜTZUNG
Ausgangspunkte
In Gemeinschaftsunterkünften sehen wir immer wieder Ängste, Einsamkeit und Depressionen bei Eltern und Kindern. Eltern müssen sich vermehrt um ihre Kinder kümmern, besonders bei Coronabedingten Schulschließungen oder Quarantäne.
Oft können sie es nicht, wegen eigener Sorgen oder aufgrund der Unsicherheit eines schwebenden Asylverfahren, das sich jahrelang zieht.
Oder krankheitsbedingt, wenn Mütter, die zusätzlich unter einer diagnostizierten schweren psychiatrischen Krankheit leiden und öfters zur stationäre Behandlung für mehrere Wochen in einer Klinik verbringen müssen. Die "zurückgelassenen" Väter, oft alleine und meist ohne Rückhalt eines kulturell gewohnten Familienverband, in dieser Lage mit der Rolle der alleinerziehenden Betreuung der Kinder in Stress geraten und ebenfalls überfordert sind.
Besonders betroffen sind alleinerziehende Mütter. Sie müssen ihren Haushalt managen, die Begleitung der Kinder in Kindergarten und Krippe, zu Ärzten und Ämtern organisieren. HelferInnen sind zunehmend rar. Sie fühlen sich damit oft völlig überfordert, hilflos und ohnmächtig. Sie spüren ihr "emotionales Energiefass" leer und aufgebraucht. Die Kraft für eine Selbstfürsorge aufgezehrt.
Wir begegnen einen Kreislauf des Scheiterns, der die vorhandene Mutter-Kind Bindung nachhaltig mit toxischer Wirkung extrem strapaziert und die Entwicklung und Potentialentfaltung des Kindes dauerhaft beschädigt (Gerald Hüther) . Sie klagen über anhaltend massive Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit, die auch mit starken Medikamenten oft nur abgedämpft und nicht geheilt werden können.
Kinder erleben ihre erschöpfte Mütter im Stress. Kinder haben Angst, fühlen sich unbewusst als Grund, als Belastung für die Lebenslage ihrer Mutter. Sie können nicht verstehen und einordnen, was ums sie herum passiert. Sie sind emotional extrem verunsichert.
Hier sind wir beratend und unterstützend für diese Mütter präsent. Wir Machen uns gemeinsam mit ihnen auf die Reise, mit kleinen Schritten einen Weg aus diesem Kreislauf herauszufinden (> ARIADNE ..“ Den roten Faden aus dem Labyrinth finden“ ) .
Wir sehen auch Kinder mit entsprechenden Bindungsstörungen, Aufmerksamkeitsdefiziten, abweichende sozialen Verhaltensweisen, Dauerstress, innerem Rückzug, ausgeprägten Vermeidungsstrategien, Lernschwierigkeiten und dergleichen, die u.a. auf ein Bindungstraumata zurückzuführen sind. In diesen Fällen bieten wir ein notfallpädagogisches Case Management und arbeiten interdisziplinär mit fachspezialisierten KollegInnen zusammen.
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25. September 2020
Künftig Verordnung psychiatrischer häuslicher Krankenpflege möglich
G-BA stärkt Psychotherapeut*innen in Koordination und Versorgung
Psychiatrische häusliche Krankenpflege kann künftig auch von Psychologischen Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen verordnet werden. Dies hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) auf seiner Sitzung am 17. September beschlossen. Damit stärkt er Psychotherapeut*innen in der Koordination und Versorgung von Patient*innen mit psychischen Erkrankungen. Psychotherapeut*innen sind damit Fachärzt*innen auch bei der Verordnung von psychiatrischer häuslicher Krankenpflege gleichgestellt.
Psychiatrische häusliche Krankenpflege richtet sich an erwachsene Patient*innen, die schwer psychisch erkrankt sind und unter erheblichen Beeinträchtigungen der Aktivitäten leiden. Mit ihr sollen Patient*innen dabei unterstützt werden, ihren Alltag möglichst selbstständig zu bewältigen. Eine stationäre Behandlung soll dadurch vermieden oder verkürzt werden.
Die Richtlinienänderung wird noch durch das Bundesgesundheitsministerium innerhalb von zwei Monaten geprüft. Der Bewertungsausschuss passt gleichzeitig den Einheitlichen Bewertungsmaßstab innerhalb von sechs Monaten an. Erst danach können sowohl Vertragspsychotherapeut*innen als auch Krankenhauspsychotherapeut*innen diese Leistung auch tatsächlich verordnen. Detaillierte Informationen zum Diagnosespektrum und zu weiteren Leistungsvoraussetzungen können der Richtlinie für die Verordnung der häuslichen Krankenpflege entnommen werden (siehe Link). Die BPtK wird darüber hinaus mit einer Praxis-Info informieren.
Der G-BA hat mit der Richtlinie seinen gesetzlichen Auftrag aus der Reform der Psychotherapeutenausbildung umgesetzt. Für die Befugnis zur Verordnung von Ergotherapie steht der Beschluss des G-BA noch aus. Das Stellungnahmeverfahren zur Änderung der Heilmittel-Richtlinie ist bereits abgeschlossen. Mit der Entscheidung des G-BA ist deshalb in einer der kommenden Sitzungen zu rechnen.
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